BERLIN
– (AD) – Nachfolgend veröffentlichen wir die Rede von US-Präsident Barack Obama
vor dem Brandenburger Tor in Berlin vom 19. Juni 2013.
Hallo
Berlin! Vielen Dank, Bundeskanzlerin Merkel,
für Ihre Führungsstärke, Ihre Freundschaft und Ihr beispielhaftes Leben – vom
Kind aus dem Osten zur führenden Politikerin eines freien und geeinten
Deutschlands.
Wie ich schon sagte, Angela und ich sehen nicht unbedingt wie
frühere deutsche und amerikanische Regierungschefs bzw. Präsidenten aus. Aber
die Tatsache, dass wir heute hier entlang der Verwerfungslinie stehen können,
die die Stadt einst teilte, spricht für eine immerwährende Wahrheit: Keine
Mauer kann dem Drang nach Gerechtigkeit, dem Drang nach Freiheit, dem Drang
nach Frieden, der in den Herzen der Menschen brennt, widerstehen.
Bürgermeister Wowereit, sehr verehrte Gäste und vor allem liebe
Berlinerinnen und Berliner und Bürger Deutschlands – vielen Dank für diese
außergewöhnlich warmherzige Begrüßung. In der Tat ist es so warm, und ich fühle
mich so wohl, dass ich mein Jackett ausziehen werde und jeder, der dies auch
tun möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Unter Freunden darf man ruhig etwas
zwangloser sein.
Wie Ihre Bundeskanzlerin bereits erwähnte, hatte ich vor fünf
Jahren die Ehre, als Senator eine Rede in dieser Stadt zu halten. Heute bin ich
stolz darauf, als Präsident der Vereinigten Staaten hierher zurückzukehren. Ich
bringe die dauerhafte Freundschaft der amerikanischen Bevölkerung sowie meine
Frau Michelle, und Malia und Sasha mit. Sie haben vielleicht bemerkt, dass sie
nicht hier sind. Das Letzte, was sie gerne tun würden, ist, sich eine weitere
Rede von mir anzuhören. Deshalb sind sie unterwegs und genießen die Schönheit
und Geschichte dieser Stadt. Diese Geschichte spricht heute zu uns.
Über Jahrtausende hinweg haben sich die Menschen in diesem Land
auf den Weg gemacht und sich von einer Stammesgesellschaft über Fürstentümer
zum Nationalstaat entwickelt und die Reformation und Aufklärung durchlebt.
Deutschland ist bekannt als das „Land der Dichter und Denker“. Dazu gehört auch
Immanuel Kant, der uns lehrte, dass Freiheit „dieses einzige, ursprüngliche,
jedem Menschen kraft seiner Menschheit zustehende Recht“ ist.
Dieses Tor steht seit zwei Jahrhunderten aufrecht, während die
Welt um es herum erschüttert wurde: durch den Aufstieg und Fall von Imperien,
durch Revolutionen und Republiken und durch Kunst, Musik und Wissenschaft, die
das höchste menschliche Streben widerspiegeln, aber auch durch Krieg und
Gemetzel, die die Abgründe der Grausamkeiten der Menschen offenlegen.
Hier haben die Berliner trotz größter Widerstände eine Insel der
Demokratie geschaffen. Wie bereits angesprochen, wurden sie durch eine
Luftbrücke der Hoffnung unterstützt, und wir haben heute die Ehre, den
92-jährigen Colonel Halvorsen – den Original-Rosinenbomber – bei uns zu haben.
Wir könnten nicht stolzer auf ihn sein. Ich hoffe übrigens, dass ich mit 92
Jahren auch noch so gut aussehe.
Während dieser Zeit hat der Marschallplan die Saat für ein
Wunder bereitet und das Nordatlantik-Bündnis hat unsere Bürger geschützt.
Diejenigen in der Nachbarschaft und den Ländern im Osten zogen Stärke aus dem
Wissen, dass Freiheit hier in Berlin möglich war – dass die Phasen des
Niederschlagens von Widerstand und der Unterdrückung eines Tages überwunden
werden könnten.
Heute, 60 Jahre nach dem Aufstand gegen die Unterdrückung,
erinnern wir uns an die ostdeutschen Helden vom 17. Juni. Als die Mauer endlich
fiel, haben sich ihre Träume erfüllt. Ihre Stärke und Leidenschaft und ihr
beständiges Vorbild erinnern uns daran, dass es – trotz der Macht des Militärs,
trotz all der Autorität von Regierungen – die Bürger sind, die entscheiden, ob
sie sich von einer Mauer definieren lassen oder ob sie sie niederreißen.
Wir sind heute von den Symbolen eines wiedergeborenen
Deutschlands umgeben. Ein wieder aufgebauter Reichstag und seine glitzernde
Glaskuppel. Eine amerikanische Botschaft, die wieder an ihrem historischen
Standort am Pariser Platz steht. Und dieser Platz selbst war einst ödes
Niemandsland – heute ist er offen für alle. Auch wenn ich nicht der erste
amerikanische Präsident bin, der an dieses Tor gekommen ist, bin ich doch
stolz, auf der östlichen Seite stehen zu können, um die Vergangenheit zu
würdigen.
Denn im Verlauf dieser Geschichte lief das Schicksal dieser
Stadt auf eine einfache Frage hinaus: Werden wir frei sein oder in Ketten
leben? Unter Regierungen, die unsere allgemeinen Rechte achten oder unter
Regimes, die sie unterdrücken? In offenen Gesellschaften, die die
Unverletzlichkeit des Individuums und unseren freien Willen achten, oder in
geschlossenen Gesellschaften, die die Seele ersticken?
Als freie Bürger haben wir unsere Überzeugungen vor langer Zeit
deutlich gemacht. Als Amerikaner glauben wir, dass „alle Menschen gleich geschaffen
worden sind“ mit dem Recht auf Leben und Freiheit sowie das Streben nach Glück.
Als Deutsche haben Sie in Ihrem Grundgesetz erklärt, dass „die Würde des
Menschen unantastbar ist“. Überall auf der Welt haben sich Nationen der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verpflichtet, die die inhärente Würde
und die Rechte aller Mitglieder der menschlichen Gemeinschaft anerkennen.
Und das ist genau das, was all die Jahre in Berlin auf dem Spiel
stand. Weil mutige Massen auf diese Mauer geklettert sind, weil korrupte
Diktaturen neuen Demokratien gewichen sind, weil Millionen Menschen überall auf
diesem Kontinent nun den frischen Wind der Freiheit atmen, können wir hier in
Berlin, in Europa, sagen: Unsere Werte haben gesiegt. Die Offenheit hat
gesiegt. Die Toleranz hat gesiegt. Und die Freiheit hat hier in Berlin gesiegt.
Dennoch müssen wir mehr als zwanzig Jahre nach diesem Triumpf
eingestehen, dass es unter westlichen Demokratien von Zeit zu Zeit eine gewisse
Selbstgefälligkeit gibt. An Orten wie diesen kommen Menschen heute häufig
zusammen, um der Geschichte zu gedenken – und nicht, um Geschichte zu
schreiben. Schließlich gibt es für uns keine Betonmauern und keinen
Stacheldraht mehr. Es gibt keine Panzer mehr, die an der Grenze bereitstehen.
Es gibt keine Besuche in Strahlenschutzräumen. Daher kann manchmal das Gefühl
entstehen, dass es irgendwie keine großen Herausforderungen mehr gibt. Dies
führt zu der Versuchung, sich nach innen zu wenden und an die eigenen Ziele zu
denken statt an den Bogen der Geschichte; zu glauben, dass die
Verbindlichkeiten der Geschichte beglichen seien; dass wir die Früchte, für die
unserer Vorfahren gekämpft haben, einfach genießen können.
Ich bin aber heute hier, Berlin, um zu sagen, dass
Selbstgefälligkeit keine Eigenschaft großer Nationen ist. Die Bedrohungen von
heute treten nicht so stark hervor, wie die von vor 50 Jahren, aber der Kampf
für Freiheit und Sicherheit sowie für menschliche Würde, dieser Kampf geht
weiter. Ich bin heute hierher gekommen, in diese Stadt der Hoffnung, weil die
Prüfungen unserer Zeit den gleichen Kampfgeist verlangen, den Berlin vor einem
halben Jahrhundert gezeigt hat.
Bundeskanzlerin Merkel wies darauf hin, dass wir bald den
Jahrestag der bewegenden Rede von Präsident John F. Kennedy zur Verteidigung
der Freiheit feiern, die die Menschen dieser großartigen Stadt verkörpern.
Seine Solidaritätsbekundung – „Ich bin ein Berliner“ – überdauert die Zeit. Das
ist aber nicht das Einzige, was er an jenem Tag sagte. Weniger bekannt ist
heute die Forderung an die Menge vor ihm: „Deshalb fordere ich Sie auf“, sagte
er zu den Berlinern, „ich fordere Sie auf, den Blick über die Gefahren des
Heute hinweg“ und „über die Freiheit dieser Stadt“ zu richten. Blicken Sie,
sagte er, „auf den Tag des Friedens mit Gerechtigkeit, über Sie und uns hinweg
für die gesamte Menschheit“.
Präsident Kennedy ging weniger als sechs Monate, nachdem er
diese Rede gehalten hatte, von uns. Wie so viele andere, die in jenen
Jahrzehnten der Teilung starben, lebte er nicht lange genug, um ein geeintes
und freies Berlin zu erleben. Stattdessen lebt er für immer als junger Mann in
unseren Erinnerungen weiter. Seine Worte aber sind zeitlos, weil sie uns dazu
auffordern, uns um mehr zu kümmern als nur um unsere eigene Bequemlichkeit, um
unsere eigenen Stadt oder unser eigenes Land. Sie fordern uns auf, das
gemeinsame Unterfangen der gesamten Menschheit zu berücksichtigen.
Wenn wir unseren Blick anheben, wie es Präsident Kennedy
forderte, werden wir erkennen, dass unsere Arbeit noch nicht beendet ist. Denn
wir sind nicht nur Bürger der Vereinigten Staaten oder Deutschlands – wir sind
auch Weltbürger. Und unsere Geschicke sind miteinander verbunden wie niemals
zuvor.
Wir leben vielleicht nicht mehr in Angst vor globaler
Auslöschung, aber solange es Atomwaffen gibt, leben wir nicht wirklich in
Sicherheit. Wir können Terrornetzwerken einen Schlag versetzen, aber wenn wir
die Instabilität und Intoleranz ignorieren, die Extremismus fördern, wird
unsere eigene Freiheit schließlich in Gefahr sein. Wir genießen vielleicht
einen Lebensstandard, um den man uns weltweit beneidet, aber solange Hunderte
Millionen Qualen eines leeren Magens oder die Pein der Arbeitslosigkeit
erdulden müssen, leben wir nicht wirklich in Wohlstand.
Ich sage all dies hier im Herzen Europas, weil unsere gemeinsame
Vergangenheit zeigt, dass keine dieser Herausforderungen bewältigt werden kann,
wenn wir uns nicht als Teil von etwas Größerem als nur unserer eigenen
Erfahrung betrachten. Unser Bündnis ist das Fundament der globalen Sicherheit.
Unser Handel ist der Motor der Weltwirtschaft. Unsere Werte rufen uns alle dazu
auf, uns um das Leben von Menschen zu kümmern, die wir niemals kennenlernen
werden. Wenn Europa und die Vereinigten Staate mit ihren Hoffnungen und nicht mit
ihren Ängsten führen, erreichen wir Dinge, die kein anderes Land erreichen kann
oder wird. Daher müssen wir heute unseren Blick anheben und über den Tag des
Friedens mit Gerechtigkeit nachdenken, den unsere Generation für diese Welt
anstrebt.
Ich schlage vor, dass wir Frieden mit Gerechtigkeit damit
beginnen, indem wir bei uns zu Hause mit gutem Beispiel vorangehen, denn wir
wissen aus unserer Vergangenheit, dass Intoleranz Ungerechtigkeit nährt. Ob
aufgrund der Hautfarbe, der Religion, des Geschlechts oder der sexuellen
Orientierung, wir sind stärker, wenn alle Menschen – ganz gleich, wer sie sind
oder wie sie aussehen – Chancen erhalten und wenn unsere Ehefrauen und Töchter
die gleichen Chancen haben wie unsere Ehemänner und Söhne.
Wenn wir die Glaubensbekenntnisse in unseren Kirchen, Synagogen,
Moscheen und Tempeln respektieren, erhöht das unsere Sicherheit. Wenn wir die
Einwanderer mit ihren Talenten und Träumen willkommen heißen, erneuern wir uns.
Wenn wir für unsere homosexuellen Brüder und Schwestern eintreten und ihre
Liebe und ihre Rechte vor dem Gesetz gleich behandeln, verteidigen wir auch
unsere eigene Freiheit. Unsere Freiheit wird größer, wenn alle Menschen nach
Glück streben können. Solange Mauern in unseren Herzen existieren, die uns von jenen
trennen, die nicht so aussehen wie wir, nicht so denken wie wir oder nicht so
beten wie wir, müssen wir gemeinsam noch intensiver daran arbeiten, diese
Mauern der Teilung einzureißen.
Frieden mit Gerechtigkeit bedeutet: freies Unternehmertum, das
es jedem von uns ermöglicht, individuelle Begabungen und Kreativität zu
entfalten; in anderen Wirtschaftmodellen wird Wirtschaftswachstum von oben nach
unten dirigiert oder ist allein von den Rohstoffen abhängig, die aus der Erde
gewonnen werden. Aber wir sind der Meinung, dass echter Wohlstand mit unserer
wichtigsten Ressource erwirtschaftet wird – unseren Bürgern. Deshalb
investieren wir in Bildung, Wissenschaft und Forschung.
Jetzt, da wir die Rezession überwinden, dürfen wir unseren Blick
nicht von der Wunde abwenden, die zunehmende Ungleichheit verursacht, oder von
dem Schmerz arbeitsloser Jugendlicher. Während wir neue Handels- und
Investitionsmöglichkeiten fördern, die Wachstum auf beiden Seiten des Atlantiks
schaffen, müssen wir in unserer Gesellschaft neue Aufstiegschancen schaffen.
Die Vereinigten Staaten werden Europa bei der Stärkung der Union
beistehen. Wir wollen mit Ihnen zusammenarbeiten um zu gewährleisten, dass
jeder in den Genuss der Würde kommt, die uns Arbeit verleiht – unabhängig davon,
ob man in Chicago oder Cleveland, Belfast oder Berlin, Athen oder Madrid wohnt
– jeder verdient diese Chance. Wir brauchen Volkswirtschaften, die für alle
Bürger funktionieren, nicht nur für die ganz oben.
Frieden mit Gerechtigkeit bedeutet, dass man denjenigen die Hand
reicht, die nach Freiheit streben, wo auch immer sie leben. Unterschiedliche
Völker und Kulturen werden ihren eigenen Weg gehen, aber wir müssen uns der
Lüge widersetzen, dass diejenigen, die an entlegenen Orten leben, sich nicht ebenso
nach Freiheit und Selbstbestimmung sehnen wie wir; dass sie sich irgendwie
nicht wie wir nach Würde und Rechtsstaatlichkeit sehnen. Wir können das Tempo
des Wandels in Regionen wie der arabischen Welt nicht vorgeben, aber wir dürfen
als Entschuldigung nicht gelten lassen, dass wir nichts tun können, um ihn zu
unterstützen.
Wir dürfen uns nicht unserer Rolle entziehen, für die Werte
einzutreten, an die wir glauben – sei es durch die Unterstützung der Afghanen,
wenn sie die Verantwortung für ihre Zukunft übernehmen, den Einsatz für Frieden
zwischen Israelis und Palästinensern oder unser Engagement in Burma, um Raum
für mutige Menschen zu schaffen, die sich aus Jahrzehnten der Diktatur
befreien. In diesem Jahrhundert sind dies die Bürger, die der freien Welt
angehören wollen. Sie sind so, wie Sie waren. Sie verdienen unsere
Unterstützung, denn auch sie sind, auf ihre Weise, Bürger Berlins. Und wir
müssen ihnen jeden Tag helfen.
Frieden
mit Gerechtigkeit bedeutet, nach der Sicherheit einer Welt ohne Kernwaffen zu
streben – unabhängig davon, wie weit dieser Traum entfernt zu sein scheint.
Deshalb habe ich als Präsident unsere Bestrebungen, die Weiterverbreitung von
Atomwaffen zu unterbinden, verstärkt, und die Zahl und Bedeutung der
amerikanischen Kernwaffen verringert. Aufgrund des neuen START-Vertrags (New START) sind wir dabei, die
Zahl der einsatzfähigen amerikanischen und russischen atomaren Sprengköpfe auf
das niedrigste Niveau seit den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts zu senken.
Aber es gibt noch mehr zu tun. Deshalb kündige ich heute
weitere Maßnahmen an. Nach eingehender Überprüfung habe ich entschieden, dass
wir die Sicherheit der Vereinigten Staaten und unserer Verbündeten sowie eine
starke und glaubwürdige strategische Abschreckung gewährleisten können, während
wir gleichzeitig unsere stationierten atomaren Sprengköpfe um ein Drittel
reduzieren. Ich beabsichtige mit Russland über Kürzungen zu verhandeln, damit
wir die nukleare Kräfteverteilung des Kalten Kriegs hinter uns lassen können.
Gleichzeitig werden wir mit unseren NATO-Bündnispartnern
zusammenarbeiten, um die Zahl der amerikanischen und russischen taktischen
Atomwaffen in Europa maßgeblich zu reduzieren. Außerdem können wir neue
internationale Rahmenbedingungen für die friedliche Nutzung der Atomkraft
vorgeben und uns der Art von nuklearer Bewaffnung widersetzen, nach der
Nordkorea und Iran streben.
Wir werden in den Vereinigten Staaten 2016 einen Gipfel
ausrichten, bei dem wir unsere Bestrebungen zur Sicherung von Nuklearmaterial
auf der ganzen Welt fortsetzen werden. Außerdem werden wir für mehr
Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Ratifizierung des Vertrag über
das Verbot von Kernwaffenversuchen werben und alle Länder dazu aufrufen, über
einen Vertrag zu verhandeln, der der Herstellung von Spaltmaterial für
Kernwaffen ein Ende setzt. Das sind die Schritte, die wir unternehmen können,
um eine Welt in Frieden mit Gerechtigkeit zu schaffen.
Frieden mit Gerechtigkeit bedeutet sich zu weigern, unsere
Kinder zu einem Leben auf einem härteren, weniger gastfreundlichen Planeten zu
verdammen. Die Bestrebungen zur Verlangsamung des Klimawandels erfordern
mutiges Handeln. Dabei haben Deutschland und Europa die Führung übernommen.
In den Vereinigten Staaten haben wir vor kurzem unsere Nutzung
erneuerbarer Energien aus sauberen Quellen wie Wind- und Solarkraft verdoppelt.
Wir verdoppeln die Kraftstoffeffizienz unserer Autos. Unsere gefährlichen
Kohlendioxidemissionen sind zurückgegangen. Aber wir wissen, dass wir noch mehr
tun müssen – und das werden wir auch.
Die globale Mittelschicht verbraucht jeden Tag mehr Energie,
daher müssen alle Länder Anstrengungen unternehmen und nicht nur einige. Denn
die bittere Alternative betrifft alle Länder – schwerere Stürme, mehr
Hungersnöte und Überschwemmungen, neue Flüchtlingswellen, verschwindende
Küsten, steigende Meeresspiegel. Diese Zukunft müssen wir abwenden. Das ist die
globale Bedrohung unserer Zeit. Zum Wohle zukünftiger Generationen muss unsere
Generation einen globalen Pakt schließen, um etwas gegen den Klimawandel zu
unternehmen, bevor es zu spät ist. Das ist unsere Aufgabe. Das ist unser
Auftrag. Wir müssen uns an die Arbeit machen.
Frieden mit Gerechtigkeit bedeutet, dass wir unserer moralischen
Pflicht gerecht werden müssen. Wir haben die moralische Pflicht und ein
tiefgehendes Interesse daran, die Armut auf der Welt zu bekämpfen. Indem wir
das Wachstum fördern, um einem Kind, das heute geboren wird, ein Leben in
extremer Armut ersparen. Indem wir in Landwirtschaft investieren und
nicht nur Lebensmittel schicken, sondern Bauern zeigen, wie sie Nahrungsmittel
anbauen können. Indem wir die öffentliche Gesundheit verbessern und nicht nur
Medikamente schicken, sondern Ärzte und Krankenschwestern ausbilden, die dazu
beitragen werden, der Schande ein Ende zu bereiten, dass Kinder an vermeidbaren
Krankheiten sterben. Indem wir sicherstellen, dass wir alles tun, um das Ziel
einer ersten Generation ohne AIDS zu erreichen. Und dieses Ziel kann erreicht
werden. Das ist möglich, wenn wir mit der gebotenen Dringlichkeit handeln.
Bei unseren Bemühungen muss es um mehr als nur Mildtätigkeit
gehen. Es muss darum gehen, die Rechte von Menschen zu stärken, Institutionen
aufzubauen, der Fäulnis der Korruption ein Ende zu bereiten, durch Handel und
nicht nur durch Unterstützung Bande zu schaffen, sowohl mit dem Westen als auch
unter den aufstrebenden Ländern, die ihre Fähigkeiten verbessern wollen. Denn
wenn sie Erfolg haben, werden auch wir mehr Erfolg haben. Unsere Geschicke sind
miteinander verbunden, und wir dürfen diejenigen nicht ignorieren, die sich
nicht nur nach Freiheit, sondern auch nach Wohlstand sehnen.
Und schließlich sollten wir uns vor Augen führen, dass Frieden
mit Gerechtigkeit von unserer Fähigkeit abhängt, sowohl die Sicherheit unserer
Gesellschaften als auch die Offenheit, die sie ausmacht, zu erhalten. Gefahren
für die Freiheit drohen nicht nur von außen. Sie können von innen heraus
auftreten – aus unseren eigenen Ängsten, aus dem inneren Rückzug unserer
Bürger.
Die Vereinigten Staaten befinden sich seit über zehn Jahren im
Krieg. Dennoch hat sich in den fünf Jahren seit meiner letzten Rede in Berlin
viel verändert. Der Irakkrieg ist jetzt vorbei. Der Krieg in Afghanistan neigt
sich dem Ende zu. Osama bin Laden lebt nicht mehr. Unsere Bemühungen im
Kampf gegen Al Kaida entwickeln sich.
Angesichts dieser Veränderungen habe ich vorigen Monat über die
Maßnahmen der Vereinigten Staaten zur Terrorismusbekämpfung gesprochen. Ich
habe mich von einem unserer Gründerväter inspirieren lassen. James Madison
schrieb: „Kein Land könnte seine Freiheit inmitten von dauerhafter
Kriegsführung erhalten.“ James Madison hat recht. Und deshalb müssen wir zwar
der Gefahr des Terrorismus gegenüber wachsam bleiben, aber die mit dauerhafter Kriegsführung
einhergehende Denkweise überwinden. Für die Vereinigten Staaten bedeutet das,
dass wir unsere Bemühungen, Guantanamo zu schließen, verdoppeln müssen. Es
bedeutet, dass wir unseren Einsatz neuer Technologien wie Drohnen streng
kontrollieren müssen. Es bedeutet, dass wir ein Gleichgewicht zwischen unserem
Bedürfnis nach Sicherheit und dem Schutz der Privatsphäre finden müssen.
Und ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Gleichgewicht finden
werden. Ich bin dahingehend zuversichtlich, und ich bin auch zuversichtlich,
dass wir durch die Zusammenarbeit mit Deutschland unsere gemeinsame Sicherheit
gewährleisten können, während wir gleichzeitig die entscheidenden Werte
aufrecht erhalten, für die wir gekämpft haben.
Unsere aktuellen Maßnahmen unterliegen der Rechtsstaatlichkeit
und konzentrieren sich auf Gefahren für unsere Sicherheit – nicht auf die
Kommunikation ganz normaler Bürger. Sie helfen, realen Gefahren
entgegenzutreten, und sie tragen zur Sicherheit der Menschen in den Vereinigten
Staaten und hier in Europa bei. Aber wir müssen uns der Herausforderung
stellen, der sich jeder in einer demokratischen Gesellschaft gegenübersieht:
die Stimmen zu hören, die nicht unserer Meinung sind; eine offene Debatte
darüber zu führen, wie wir unsere Befugnisse einsetzen und wie wir sie
beschränken müssen; und immer daran zu denken, dass die Regierung dazu da ist,
der Stärke des Einzelnen zu dienen, und nicht anders herum. Das macht uns
zu dem, was wir sind, und das unterscheidet uns von denjenigen auf der anderen
Seite der Mauer.
So bleiben wir unserer besseren Geschichte treu, während wir
nach dem Tag des Friedens mit Gerechtigkeit greifen, der kommen wird.
Diese Überzeugungen leiten uns, diese Werte inspirieren uns, diese Prinzipien
verbinden uns als freie Menschen, die immer noch den Worten von Dr. Martin
Luther King jr. Glauben schenken, dass „Ungerechtigkeit an einem Ort eine
Bedrohung für die Gerechtigkeit an jedem Ort ist“.
Und wir sollten fragen, ob unsere Generation den Mut hat, diese
Prüfung anzunehmen. Sollte irgendjemand fragen, ob die Worte von Präsident
Kennedy auch heute noch Widerhall finden – lasst sie nach Berlin kommen, denn
hier werden sie die Menschen finden, die sich aus den Trümmern des Kriegs
erhoben haben, um die Segnungen der Freiheit zu genießen, die den Schmerz der
Teilung und die Freude der Wiedervereinigung erlebt haben. Hier werden sie sich
daran erinnern, wie Menschen, die hinter einer Mauer gefangen waren, Schüssen
getrotzt haben, über Stacheldraht gesprungen und über Minenfelder gerannt sind,
Tunnel gegraben haben, von Gebäuden gesprungen und durch die Spree geschwommen
sind, um ihr Grundrecht auf Freiheit in Anspruch zu nehmen.
Die Mauer gehört der Geschichte an. Aber auch wir müssen
Geschichte schreiben. Die Helden, die vor uns waren, rufen uns jetzt auf,
diesen hohen Idealen gerecht zu werden und uns um die jungen Menschen zu
kümmern, die in ihrem eigenen Land keinen Arbeitsplatz finden können, um die
Mädchen, die in manchen Ländern nicht zur Schule gehen dürfen, wachsam unsere
eigene Freiheit zu schützen, aber auch anderen die Hand zu reichen, die sich in
anderen Ländern nach Frieden sehnen.
Das lehrt uns die Geschichte. Das ist das Lebensgefühl
Berlins. Das größte Tribut, das wir denjenigen zollen können, die vor uns
lebten, ist, ihre Arbeit fortzuführen und nach Frieden und Gerechtigkeit zu
streben, nicht nur in unseren Ländern, sondern für die gesamte Menschheit.
Vielen Dank. Möge Gott Sie segnen. Möge Gott die Menschen in
Deutschland segnen. Und möge Gott die Vereinigten Staaten von Amerika
segnen. Vielen herzlichen Dank.
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